Mit scharfer Kritik an den laufenden Koalitionsverhandlungen zwischen Union und SPD treten führende Vertreter der deutschen Industrie in Erscheinung. Am Beginn der Hannover Messe äußerte Bertram Kawlath, Präsident des Verbands Deutscher Maschinen- und Anlagenbau (VDMA), seine Bedenken bezüglich der zukünftigen wirtschaftlichen Ausrichtung Deutschlands. Er warnte vor einem erneuten Verschwinden des Reformeifers, bevor dieser richtig begonnen habe. Gleiches sehen auch andere Industriepolitiker wie Peter Leibinger vom Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) und Gunther Kegel vom Elektro- und Digitalindustrieverband ZVEI. Sie betonen die Notwendigkeit einer mutigen Reformagenda für das Land, um die aktuell schlechte Stimmung zu verbessern und die sinkende Industrieproduktion aufzufangen.
In den letzten Jahren hat sich die deutsche Industrie erheblich verkleinert. Seit 2019 sei die Produktion im Land um elf Prozent zurückgegangen, wie Peter Leibinger angab. Die Branchenverbände erwarten für 2025 sogar einen weiteren Rückgang von zwei Prozent bei der Produktion in Bereichen wie Maschinenbau und Elektronikindustrie. Diese Entwicklung lässt die Notwendigkeit eines klaren Konzepts für Investitionen erkennen, das nicht nur strukturelle Schwächen behebt, sondern auch langfristig nachhaltiges Wachstum ermöglicht.
Die geplanten Milliardeninvestitionen in Verteidigung und Infrastruktur bieten hier Hoffnung, doch sie seien ohne zusätzliche Strukturreformen unzureichend, mahnt Gunther Kegel. Niedrigere Steuern, bezahlbare Energie sowie weniger Bürokratie sind laut der Industrievertreter notwendige Maßnahmen. Insbesondere die übermäßige Bürokratie wird als ein Hindernis für Unternehmen kritisiert. „Wir brauchen einen spürbaren großen Akt der Befreiung“, so Leibinger.
Auch Oliver Zander, Hauptgeschäftsführer von Gesamtmetall, fordert eine Neuausrichtung der Koalitionsverhandlungen unter Berücksichtigung der Wirtschaftsprobleme. Ein Brief zahlreicher Verbände an die Parteispitzen CDU, CSU und SPD verdeutlicht diese Sorgen und nennt bekannte Forderungen wie Bürokratieabbau, Steuersenkungen und Flexibilität im Arbeitsrecht.
Führende Industrievertreter appellieren somit an die Politik, alles auf Wachstum auszurichten, um den Abstieg Deutschlands zu stoppen. Ohne entschlossenes Handeln droht es, dass Deutschland weiterhin an Attraktivität als Standort verliert und internationale Investoren sich anderweitig orientieren.