In den letzten Jahren hat sich der deutsche Biermarkt durch die Craftbiertrendwelle verändert, doch eine Revolution blieb aus. Statt einer Massenbewegung etablierte sich das Craftbier in einer Nische, wobei es jedoch neue Impulse gesetzt und den Geschmackshorizont erweitert hat. Klaus Artmann, seit Oktober 2024 Präsident des Verbands der Diplom Biersommeliers, erklärt in einem Interview, warum die Erwartungen an den Trend nicht erfüllt wurden und warum der Beruf des Biersommeliers weiterhin von entscheidender Bedeutung ist. Der Experte betont dabei die Notwendigkeit, Bier als Genussgetränk zu positionieren und die Vielfalt der Braukunst sichtbar zu machen.
Der Craftbiertrend hat Deutschland Mitte der 2010er Jahre erreicht, inspiriert von amerikanischen Modellen, doch die Entwicklung stellte sich anders dar, als zunächst prognostiziert. Laut Artmann lag dies unter anderem daran, dass Deutschland bereits über eine große Vielfalt an regionalen Biernaturen verfügte. Zwar experimentierten viele Brauer, um neue Geschmacksrichtungen zu erschließen, doch viele Konsumenten fühlten sich von der Vielzahl überfordert. Ohne adäquate Aufklärung über die Produktionsweise und die besonderen Aromaprofile blieb die Bereitschaft zur Akzeptanz begrenzt.
Hier liegt nach Ansicht von Artmann ein zentraler Unterschied zwischen dem deutschen Markt und anderen Ländern. Während im Ausland Craftbiere oft als Einstieg in die Welt des Biogenssens fungierten, fehlte es in Deutschland teilweise an der nötigen Kommunikation zwischen Produzenten und Verbrauchern. „Wenn man die Menschen informiert und ihnen zeigt, was sie trinken, erlebt man häufig echte Begeisterung“, so der Experte. Diese Aufgabe übernimmt heute der moderne Biersommelier, der als Vermittler zwischen Brauerei und Gast agiert.
Der Verband der Diplom Biersommeliers, dessen Mitgliederzahl kontinuierlich wächst, setzt sich für mehr Wertschätzung und Bekanntheit des Berufs ein. Besonders in der Direktvermarktung seien aktuell viele Chancen vorhanden, so Artmann. Durch Events, Verkostungen und Führungen könne die Leidenschaft für Bier aktiv gefördert werden. Auch wenn die Zahl der Neuausbildungen zurückgeht, bleibt die Nachfrage nach qualifizierten Fachkräften hoch, insbesondere bei Brauereien, die ihre Mitarbeiter schulen möchten.
Besonders wichtig sei es laut Artmann, Bier nicht nur als Durstlöscher, sondern als kulinarisches Begleiterfahrung zu positionieren. Wie beim Wein entwickle sich auch hier langsam ein Bewusstsein für sensorische Vielfalt und kulturelle Bedeutung. Indem Gastronomiebetriebe spezifische Empfehlungen geben und Foodpairings anbieten, könne Bier wieder einen höheren Stellenwert erhalten. „Es braucht Zeit und Engagement, aber wir sind auf dem richtigen Weg“, resümiert der Verbandspräsident.
Klaus Artmann betont abschließend die persönliche Bereicherung, die eine Ausbildung zum Biersommelier mit sich bringt. Nicht nur das Fachwissen profitiere davon, sondern auch der allgemeine Lebensgenuss. Die Gemeinschaft der Biersommeliers sei eine außergewöhnliche Plattform für Austausch und Zusammenarbeit. Dieses Netzwerk lebe von Leidenschaft und gegenseitiger Wertschätzung – Faktoren, die auch den Erfolg des Verbandes bestimmen.