Rezepte
Mit wenigen Klicks zum Cannabis-Rezept
2024-09-04
Wie Telemedizin-Anbieter den Cannabismarkt in Deutschland aufmischenDie Verschreibung von medizinischem Cannabis in Deutschland ist in den letzten Jahren stark angestiegen. Viele Patienten greifen dafür auf Telemedizin-Plattformen zurück, da diese eine schnelle und bequeme Möglichkeit bieten, an die begehrten Blüten zu kommen. Doch diese Entwicklung bringt auch Probleme mit sich, die von Experten kritisch betrachtet werden.

Ein neuer Trend mit Schattenseiten

Datenschutz und Identitätsprüfung

Eine der Hauptsorgen der Branchenverbände ist der Datenschutz und die Identitätsprüfung der Patienten. Oft sei es schwierig, das tatsächliche Alter der Patienten zu verifizieren, da lediglich Ausweisbilder hochgeladen werden müssen. Ohne Videokonsultation könne sogar der Ausweis eines älteren Familienmitglieds verwendet werden, um an Cannabis zu kommen. Daher fordern Experten, dass die rechtlichen Vorgaben eingehalten werden müssen, um den Missbrauch zu verhindern.

Exklusivverträge mit Apotheken

Auch die Zusammenarbeit der Telemedizin-Plattformen mit einzelnen Apotheken wird kritisch gesehen. Oftmals werden den Patienten bei der Rezeptausstellung direkt bestimmte Cannabisprodukte von Partnerapotheken angeboten. Laut Experts sei dies jedoch nicht rechtmäßig, da Patienten ein Recht auf freie Apothekenwahl haben. Zudem sei es problematisch, wenn von vornherein feststeht, dass nur Cannabis verschrieben wird und keine Alternativen in Betracht gezogen werden.

Flut an Privatrezepten in Apotheken

Der Trend zu Telemedizin-Angeboten macht sich auch in den Apotheken bemerkbar. Dort müssen Mitarbeiter mit einer Flut an Privatrezepten umgehen, die einen Großteil des Geschäfts ausmachen. Dieser Anteil sei in den letzten Jahren von etwa 60:40 auf 80:20 (Privat- zu Kassenrezepte) gestiegen. Für die Apotheken stelle dies eine große Herausforderung dar.

Kontrahierungszwang und fehlende Erreichbarkeit

Wenn Patienten mit einem Telemedizin-Rezept in die Apotheke kommen, müssen sie beliefert werden - auch wenn Unstimmigkeiten auf dem Rezept auftauchen. Oft seien die ausstellenden Ärzte telefonisch nicht erreichbar, vor allem wenn sie ihren Sitz im Ausland haben. In solchen Fällen könne die Herausgabe der Cannabisblüten verweigert werden.

Lieferengpässe und Preisdruck

Apotheken, die aus wirtschaftlichen Gründen mit den Telemedizin-Plattformen zusammenarbeiten, sehen sich auch mit Lieferengpässen konfrontiert. Die hohe Nachfrage über diese Kanäle führe dazu, dass Apotheken auf andere Produkte ausweichen und neue Rezepte beantragen müssen. Außerdem würden die Preise durch die Plattformen stark gedrückt, teilweise sogar unter das Niveau des Schwarzmarkts.

Vermischung von Freizeitkonsum und medizinischer Anwendung

Besonders ärgerlich für die Branche ist, dass durch die Verschreibungspraxis vieler Telemedizin-Anbieter die Grenze zwischen Freizeitkonsumenten und echten Cannabispatienten verschwimmt. Zu leicht könnten Symptome vorgetäuscht werden, um an Cannabis zu kommen. Dies schade dem Ansehen von Cannabis als ernstzunehmendes Medikament, beklagen Experten. Manche Ärzte würden sogar nur noch Extrakte, aber keine Blüten mehr verschreiben, um nicht mit unseriösen Plattformen in Verbindung gebracht zu werden.
more stories
See more