Rezepte
Turis Trends: Ich koche vor Mut
2024-07-23
Wie Kochvideos auf Instagram unsere Essgewohnheiten prägen
Ich muss etwas gestehen: Ich schaue Kochvideos auf Instagram. Anderswo simmert der Medienwandel vor sich hin, in meiner Küche kocht er geradezu über. Denn obwohl in meinem Regal zwei Dutzend Kochbücher stehen, machen sich bei mir Insta-Ingwershots breit, Vanillecreme-Videos und Tiktok-Tagliatelle.Wie Kochvideos unsere Essgewohnheiten und Erwartungen an Kochen verändern
Von Kochbüchern zu Kochvideos
Früher waren Kochbücher die Hauptquelle für Rezepte und Inspiration in der Küche. Doch mit dem Aufstieg von sozialen Medien wie Instagram haben sich die Gewohnheiten der Verbraucher stark verändert. Anstatt stundenlang in Kochbüchern zu blättern, scrollen viele Menschen nun durch unzählige Kochvideos, die ihnen in Sekundenschnelle die leckersten Gerichte präsentieren. Diese Kochvideos sind oft perfekt inszeniert, mit schnellen Schnitten, ansprechender Optik und einer Portion Unterhaltung. Das macht sie für viele Nutzer attraktiver als die traditionellen Kochbücher.Ästhetik vor Geschmack
In den Kochvideos auf Instagram steht oft die Ästhetik im Vordergrund, anstatt den Fokus auf den Geschmack zu legen. Viele Zutaten werden aufgrund ihres optischen Erscheinungsbildes bevorzugt, auch wenn sie geschmacklich vielleicht nicht die beste Wahl wären. So werden weiße Zwiebeln zunehmend durch rote Zwiebeln ersetzt, da diese farblich besser ins Bild passen. Auch Kohlrabi gerät in Vergessenheit, da Auberginen einfach "schöner" aussehen. Dieses Streben nach Perfektion und Optik beeinflusst zunehmend unsere Essgewohnheiten und Erwartungen an Lebensmittel.Kochen als Lifestyle-Inszenierung
Neben der Ästhetik spielt auch die Inszenierung des Kochens eine große Rolle in den Kochvideos auf Instagram. Statt praktischer Kochschürzen sehen wir oft Köche in Muskelshirts oder Frauen in engen Outfits. Das Kochen wird zu einem Lifestyle-Ereignis, bei dem das Aussehen und die Präsentation mindestens genauso wichtig sind wie der tatsächliche Kochvorgang und das Endprodukt. Künftige Generationen werden das Kochen möglicherweise mit dieser Erwartungshaltung verbinden - einfach, weil sie es so in den Kochvideos gesehen haben.Vom Mangel zum Überfluss
Die Geschichte des Kochens ist eng mit der Entwicklung der Medien verbunden. Vom ersten deutschen Kochbuch aus dem Jahr 1350 über den Boom der Fernsehköche in der Nachkriegszeit bis hin zu den heutigen Kochapps und -websites hat sich viel verändert. Heute leben wir in einer Zeit des Überflusses an Kochinformationen, Rezepten und Inspirationen. Kochvideos auf Instagram sind nur der jüngste Ausdruck dieser Entwicklung, die unser Verhältnis zum Kochen und Essen grundlegend verändert.Kochen mit Mut dank Kochfluencern
Trotz der Schattenseiten der Kochvideos auf Instagram haben sie auch positive Auswirkungen. Viele Menschen, die sich zuvor nicht so sicher im Kochen fühlten, werden durch die vermeintlich einfachen und schnellen Rezepte der Kochfluencer ermutigt, neue Gerichte auszuprobieren. Das Ergebnis überzeugt dann oft, was wiederum den Mut zum Kochen stärkt. So können Kochvideos tatsächlich dazu beitragen, dass Menschen häufiger und selbstbewusster in der Küche aktiv werden.Kochvideos zwischen Inspiration und Frustration
Allerdings bringen die Kochvideos auf Instagram auch einige Frustrationen mit sich. Oft sind die Rezepte fehlerhaft oder führen zu dubiosen Websites. Zudem folgen viele Beiträge lediglich aktuellen Trends wie Proteinreichtum oder Keto-Diäten, anstatt auf ausgewogene und geschmackvolle Ernährung zu setzen. Das kann Verbraucher verwirren und frustrieren. Dennoch bieten die Kochvideos auch viel Inspiration und Motivation zum Kochen - ein Spagat, den Nutzer sorgfältig abwägen müssen.