Rezepte
Mario Draghis Rezepte für die EU-Wettbewerbskraft zielen in die falsche Richtung
2024-09-10
Europas Wettbewerbsfähigkeit: Zwischen Stagnation und Aufbruch
In einem umfassenden Bericht legt der ehemalige EZB-Präsident Mario Draghi der Europäischen Kommission Vorschläge vor, wie die EU ihre wirtschaftliche Leistungsfähigkeit gegenüber den USA und Asien stärken kann. Doch seine Rezepte stoßen auf Kritik - zu sehr setzen sie auf zentralistische Planung und Schuldenpolitik, anstatt die Stärken des europäischen Modells zu nutzen.Europas Wettbewerbsfähigkeit auf dem Prüfstand
1. Europas technologischer Rückstand2. Produktivitätsschwäche im Vergleich zu den USA3. Verlust an Wohlstand und Lebensstandard4. Digitale Revolution: Europa verschläft den AnschlussEuropas Produktivitätsschwäche: Eine besorgniserregende Entwicklung
Die Europäische Union hat in den letzten Jahren ein deutlich geringeres Produktivitätswachstum verzeichnet als die Vereinigten Staaten. Während das reale verfügbare Einkommen pro Kopf in den USA seit der Jahrtausendwende kräftig gestiegen ist, konnte die EU dieses Tempo nicht annähernd halten. Dieser Rückstand hat spürbare Folgen für den Wohlstand der Europäer. Auch in der digitalen Transformation hinkt Europa hinterher. Nur vier der 50 weltweit führenden Technologieunternehmen stammen aus Europa - ein deutlicher Beleg dafür, dass die Union den Anschluss an die rasante technologische Entwicklung verloren hat. Dieser Rückstand muss dringend aufgeholt werden, wenn Europa im globalen Wettbewerb bestehen will.Draghis Rezept: Mehr Investitionen und Schuldenunion
Um diese Produktivitätslücke zu schließen, schlägt der ehemalige EZB-Präsident Mario Draghi in seinem Expertenbericht umfangreiche Investitionen vor. Konkret fordert er zusätzliche Ausgaben in Höhe von 800 Milliarden Euro pro Jahr - eine Summe, die sogar den Wiederaufbauplan nach dem Zweiten Weltkrieg in den Schatten stellt.Doch Draghis Vorschläge gehen noch weiter: Er plädiert auch für eine Ausweitung der Schuldenfinanzierung auf EU-Ebene, um "bahnbrechende Innovationen" zu fördern. Dabei soll die Europäische Union gemeinsame Schuldtitel ausgeben, die Draghi als "sichere Vermögenswerte" bezeichnet. Damit würde eine weitere Etappe in Richtung einer Schuldenunion eingeleitet.Kritik an Draghis Konzept: Zu viel Zentralismus, zu wenig Wettbewerb
Trotz der richtigen Problemanalyse stoßen Draghis Vorschläge auf erhebliche Kritik. Viele Ökonomen sehen in der geplanten Ausweitung zentralistischer Planung und Schuldenfinanzierung den falschen Weg. Stattdessen sollte die EU auf den Wettbewerb der Mitgliedsstaaten setzen und die Innovationskraft der Unternehmen stärken.Denn Bürokraten können nicht besser als private Akteure vorhersagen, welche Industrien und Technologien in Zukunft erfolgreich sein werden. Eine EU-weite Industriepolitik birgt die Gefahr, dass Fehlinvestitionen potenziert werden - im Gegensatz zum derzeitigen System, in dem sich Fehleinschätzungen zumindest teilweise ausgleichen.Auch der Plan, die Finanzierung von Innovationen über eine gemeinsame Schuldenaufnahme zu stemmen, wird kritisch gesehen. Stattdessen sollte die EU die Kapitalmarktunion vorantreiben, um innovativen Unternehmen den Zugang zu privatem Kapital zu erleichtern. Denn Schulden allein lösen keine strukturellen Probleme - vielmehr müssen die Rahmenbedingungen für Unternehmen verbessert werden.Europas Stärke liegt in seiner Vielfalt
Letztlich zeigt sich, dass Draghis Vorschläge zwar die Dringlichkeit des Handelns unterstreichen, aber nicht den richtigen Weg weisen. Die Stärke Europas liegt in seiner Vielfalt an Wirtschaftsmodellen, Innovationsansätzen und Wettbewerbsfähigkeit. Anstatt diese Vielfalt durch zentralistische Planung zu beschneiden, sollte die EU darauf setzen, die Potenziale der Mitgliedsstaaten bestmöglich zu entfalten.Nur so kann Europa seine Wettbewerbsfähigkeit langfristig stärken und den Rückstand gegenüber den globalen Konkurrenten aufholen. Dafür braucht es weniger Bürokratie, mehr Flexibilität und einen Fokus auf die Stärkung der Innovationskraft der Unternehmen - nicht auf immer neue Schuldenrekorde.