Eltern Kinder
Verbalgewalt: Der unsichtbare Schmerz in der Erziehung
2025-04-15

In einer Zeit, wo körperliche Bestrafungen im Rückgang sind, nimmt die verbale Gewalt in der Eltern-Kind-Beziehung leider zu. Diese Form der Misshandlung kann den psychischen Zustand von Kindern erheblich beeinträchtigen und hat nachhaltige Auswirkungen auf ihre Entwicklung. Fachleute warnen vor dem Schaden, den böse Worte und kontinuierliches Herabwürdigen anrichten können.

Die Geschichte eines Jungen und die Auswirkungen von verbalen Anfeindungen

In Bremen behandelt Professor Lars Otto White einen kleinen Jungen namens Tilo, der unter starkem Druck leidet. Der Sechsjährige fühlt sich nicht gut genug, was sich in seinem Verhalten gegenüber Bleistiften zeigt – keiner ist je perfekt für ihn. Dies spiegelt sein Selbstwertgefühl wider, das durch die Worte seiner Eltern geschädigt wurde. Sie drohten ihm, selbst bei kleinsten Meinungsverschiedenheiten, ihn wegzuschicken. Solche Drohungen fallen unter „psychische Kindesmisshandlung“, eine Kategorie, die Verhaltensweisen einschließt, die das Gefühl von Sicherheit nehmen und den Selbstwert herabsetzen. Obwohl keine körperliche Gewalt stattfindet, verursachen solche Äußerungen bleibenden emotionalen Schaden.

Laut Untersuchungen aus Deutschland haben zwischen 2011 und 2017 mehr Kinder moderate bis schwere Formen von emotionaler Misshandlung erfahren. Die Zahlen stiegen von knapp fünf Prozent auf rund sechs bis neun Prozent, je nach Geschlecht. Experten wie Martina Huxoll-von Ahn vom Kinderschutzbund sehen dies als Verlagerung von körperlicher zu psychischer Gewalt. Viele Eltern wissen nicht, wie sie alternativ mit Stresssituationen umgehen sollen, und greifen daher zur verbalen Aggression.

Forscher unterscheiden zwischen verschiedenen Reaktionen auf emotionale Misshandlung: Kleine Kinder zeigen äußere Verhaltensauffälligkeiten, während Jugendliche eher innere Konflikte entwickeln, wie Depressionen oder Angstzustände. Studien belegen auch körperliche Auswirkungen, wie gestörte Cortisolproduktion, was langfristig zu gesundheitlichen Problemen führen kann.

Von besonderer Bedeutung ist es, betroffene Kinder frühzeitig therapeutisch zu unterstützen. In Tilos Fall half es seinen Eltern, dass sie lernten, nach emotionalen Ausrutschern ihr Verhalten einzugestehen und das Vertrauensverhältnis wiederherzustellen. Die Idee des „gut genug“-Elternseins spielt dabei eine wichtige Rolle.

Vom Standpunkt eines Reporters aus lässt sich sagen, dass diese Thematik eine ernste Herausforderung darstellt. Die Erkenntnis, dass Worte so viel Schaden anrichten können wie körperliche Gewalt, muss in die Gesellschaft hineinwachsen. Es ist essenziell, Eltern Bewusstsein dafür zu schaffen und ihnen Werkzeuge zu bieten, um konstruktiv mit schwierigen Situationen umzugehen. Nur so können wir sicherstellen, dass weniger Kinder wie Tilo unter emotionaler Misshandlung leiden müssen.

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