Journalismus
Freilassung eines ehemaligen Spionageangeklagten in Kuba nach Jahrzehnten
2025-04-26

Nach fast drei Jahrzehnten hinter Gittern hat die kubanische Regierung den ehemaligen Geheimdienstmitarbeiter Ernesto Borges Pérez aus dem Gefängnis entlassen. Borges, der einst wegen versuchter Spionage im Auftrag der USA verurteilt wurde, wurde 1999 zu einer langjährigen Haftstrafe verdonnert. Der Fall zählt zu den prominentesten Spionagevorfällen Kubas seit dem Ende des Kalten Krieges und warb um internationale Aufmerksamkeit. Während seiner Inhaftierung erlebte er mehrere Hungerstreiks und litt unter schwerwiegenden gesundheitlichen Problemen.

In einem Hochsicherheitsgefängnis außerhalb Havannas verbrachte Borges über zwei Jahrzehnte seines Lebens. Der ehemalige Offizier des kubanischen Nachrichtendienstes wurde 1998 festgenommen und im darauffolgenden Jahr zu einer dreißigjährigen Haftstrafe verurteilt. Ihm wurde vorgeworfen, sensible Informationen über kubanische Agenten an einen US-Diplomaten weitergeleitet zu haben. Zu jener Zeit diente Borges als Kapitän im Bereich der Gegenspionage beim kubanischen Innenministerium und hatte zuvor eine Ausbildung bei der sowjetischen Geheimpolizei genossen.

Der Prozess gegen Borges fand in einem beschleunigten Verfahren statt, das kaum Raum für juristische Diskussionen ließ. Sein Vater, Raúl Borges, ein bekannter Kritiker der kubanischen Regierung, behauptete, dass sein Sohn sich bereits vor seiner Verhaftung negativ über Praktiken des kubanischen Geheimdienstes geäußert habe und aus moralischen Gründen gehandelt habe. Über Jahre hinweg wurden von verschiedenen Seiten Anträge auf Begnadigung eingereicht, doch die kubanische Führung ignorierte diese Bitten.

Der Fall Borges schürt auch heute noch Debatten über die Aktivitäten kubanischer Nachrichtendienste. Im letzten Jahr kam ans Licht, dass Manuel Rocha, ein ehemaliger US-Diplomat in Havanna, über Jahre als Geheimagent für Kuba gearbeitet hatte. Dieser Vorfall weckte Spekulationen darüber, ob Rocha möglicherweise mit dem Fall Borges in Verbindung stand. Obwohl Borges’ Freilassung als ein Zeichen für einen möglichen Wandel in der Behandlung politischer Gefangener gesehen wird, bleibt unklar, ob dies Teil einer größeren Strategie ist oder lediglich eine Einzelfallentscheidung darstellt.

Nach seiner Entlassung äußerte sich Borges in einem Gespräch mit dem Sender Martí Noticias. Er dankte allen Unterstützern und rief zur Versöhnung zwischen der kubanischen Regierung und ihren Kritikern auf. „Es ist wichtig, dass man den Menschen in Kuba zuhört“, betonte er und drückte seine Hoffnung auf einen friedlichen Übergangsprozess aus. Die Reaktion der kubanischen Regierung auf diese Entwicklung bleibt bislang unausgesprochen, während Beobachter abwarten, ob weitere Maßnahmen folgen werden.

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