Rezepte
E-Rezept: Gemischte Bilanz in Schleswig-Holstein
2024-08-16

Der elektronische Heilrezept-Rollout: Eine Bestandsaufnahme aus der Praxis

Der Rollout des elektronischen Heilrezepts in Deutschland ist nach anfänglichen Herausforderungen nun in vollem Gange. Während einige Bereiche des Gesundheitswesens bereits von den Vorteilen profitieren, kämpfen andere weiterhin mit praktischen Hürden. In diesem Artikel werfen wir einen detaillierten Blick auf die Erfahrungen verschiedener Akteure – von zufriedenen Ärzten bis hin zu Pflegeheimbetreibern, die zusätzlichen Aufwand beklagen.

Eine gemischte Bilanz der Digitalisierung im Gesundheitswesen

Anpassungen im Pflegeheim-Alltag

Im Seniorenzentrum Traveblick in Lübeck musste man kreativ werden, um den Übergang zum E-Rezept zu meistern. "Wir haben jetzt eine neue Beschäftigung für den Hausmeister gefunden, der jetzt täglich Karten und Zettel mit Barcode-Ausdrucken zur Apotheke fährt und aus Arztpraxen abholt", berichtet Mathias Steinbuck, Leiter mehrerer Pflegeheime. Vor Einführung des E-Rezepts konnten die Gesundheitskarten der Bewohner einmal im Quartal zum Arzt gebracht werden, von wo aus die Rezepte per Bote zur Apotheke gelangten. Nun muss entweder der ausgedruckte Barcode oder die Gesundheitskarte des Bewohners mit zu Arzt und Apotheke – der direkte Weg des Rezepts vom Arzt zur Apotheke ist derzeit nicht mehr möglich. "Das ist noch ein extrem weiter Weg", sagt Steinbuck. Er wünscht sich vom Land Schleswig-Holstein eine "Digitalisierungsunterstützungsstelle", die den Pflegeeinrichtungen bei den Prozessen hilft.

Zufriedene Ärzte, Herausforderungen in den Apotheken

Laut der Kassenärztlichen Vereinigung fällt die Bilanz zum E-Rezept "generell positiv" aus. "Anfängliche Unklarheiten zum Verfahren und zur praktischen Umsetzung konnten bis heute zum größten Teil behoben werden." Die Gematik, die Bundesbehörde für die digitale Infrastruktur im Gesundheitswesen, zählt, dass vor den Sommerferien bereits 87.000 von knapp 99.000 Arztpraxen in Deutschland E-Rezepte ausstellten. In den Apotheken läuft es hingegen nicht immer reibungslos. "Wenn das System einwandfrei funktioniert, ist es eine ganz tolle Sache", sagt Hans-Günter Lund, Apotheker in Leck und Vorsitzender des Apothekerverbandes. In 60 Prozent der Fälle sei "alles chico". Aber es gebe auch viele Sonderfälle, die für mehr Aufwand sorgen – etwa wenn sich Änderungen an einem Auftrag ergeben, weil ein Medikament nicht vorrätig ist. Auch das Eintragen der individuellen Chargennummern sei aufwändig.

Digitale Infrastruktur als entscheidender Erfolgsfaktor

Ein Schlüsselfaktor für den reibungslosen Ablauf des E-Rezepts ist die Anbindung der Pflegeeinrichtungen an die Telematik-Infrastruktur, also das Datennetz für Gesundheitseinrichtungen. "Bisher haben die wenigsten Pflegeheime den Anschluss an das System", bedauert Mathias Steinbuck. Ohne diese digitale Vernetzung müssen die Rezepte weiterhin auf analoge Weise zwischen Arzt, Apotheke und Pflegeheim ausgetauscht werden – ein ineffizienter Prozess.Auch bei den privaten Krankenversicherungen ist das E-Rezept noch nicht flächendeckend verfügbar. Zwar bieten einige Anbieter es bereits an, doch "müssen jedoch auch die Arztpraxen in der Lage sein, über ihr Praxisverwaltungssystem E-Rezepte für Privatversicherte auszustellen. Einige Systemanbieter müssen hierfür noch die technischen Voraussetzungen schaffen", wie der Verband der Privaten Krankenversicherung erklärt.

Fazit: Digitalisierung als langfristiger Prozess

Der Rollout des E-Rezepts in Deutschland ist ein wichtiger Schritt in Richtung einer digitaleren Gesundheitsversorgung. Während einige Akteure bereits von den Vorteilen profitieren, kämpfen andere mit praktischen Herausforderungen. Der Schlüssel zum Erfolg liegt in der Verbesserung der digitalen Infrastruktur und der Anbindung aller beteiligten Einrichtungen. Nur so kann das volle Potenzial der Digitalisierung im Gesundheitswesen ausgeschöpft werden. Es bleibt abzuwarten, wie sich der Prozess in den kommenden Monaten und Jahren weiterentwickelt.
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