Journalismus
Alternde Körper im Tanz: Eine künstlerische Auseinandersetzung mit Schönheitsidealen
2025-02-08

In der Wagenhalle in Stuttgart präsentiert das Kunstverein eine einzigartige Performance, die den Blick auf weibliche Körper unterschiedlichen Alters neu definiert. Sieben Tänzerinnen, deren Alter zwischen 30 und 80 Jahren reicht, führen vier Vorstellungen auf, die sich als Mischung aus Tanzstück und interaktiver Ausstellung darstellen. Diese Veranstaltung greift das Thema der Schönheitsideale und des Selbstbewusstseins auf, insbesondere in Bezug auf das Altern. Unterwasseraufnahmen von Frauenkörpern begrüßen das Publikum und laden zu einer intensiven Reflexion über gesellschaftliche Normen ein.

Die Performance beginnt mit einem immersiven Erlebnis, bei dem das Publikum von projizierten Videos unter Wasser empfangen wird. Hier schwimmen Frauen in bunten Badeanzügen, deren Bewegungen sowohl anmutig als auch verletzlich erscheinen. Dieser Anblick wirft Licht auf die Unsicherheiten, die viele Frauen beim Betreten eines Schwimmbads empfinden. Die Gesellschaft und soziale Medien haben oft dazu beigetragen, dass Frauen ihre Körper mit idealisierten Bildern vergleichen und sich schämen. Doch hier werden diese Tabus thematisiert und hinterfragt.

Die sieben Performerinnen, darunter Roswitha Münchbach (74 Jahre), Martina Gunkel und Lisa Thomas, setzen sich mit diesen Themen auseinander. Sie bewegen sich zunächst fast unbeweglich auf Gymnastikbällen, bevor sie allmählich aktiv werden und durch den Raum schwingen. Ihre Bewegungen sind sowohl zart als auch kraftvoll, und sie erkunden das ästhetische Potenzial ihrer Körper auf vielfältige Weise. Im Verlauf der Darbietung entblößen sie Teile ihres Körpers, posieren dramatisch und spielen damit, wie sie wahrgenommen werden möchten.

Ein weiteres Highlight ist die Interaktion der Frauen mit Objekten wie Schaukeln und Tischen. Sie kämpfen fast miteinander, erkunden die Falten und Konturen ihrer Körper und setzen sich damit auseinander. Diese Szene zeigt, wie wichtig es ist, die eigenen körperlichen Grenzen zu akzeptieren und zu feiern. Die Choreografie wurde von Smadar Goshen und Lisa Thomas entwickelt, um verschiedene Generationen zusammenzubringen und gemeinsam die Vielfalt weiblicher Körper zu betonen.

Nach der Vorstellung bleibt ein nachhaltiger Eindruck zurück. Die Videoaufnahmen am Ende der Performance erscheinen nun in einem neuen Licht. Nicht mehr das scheinbar unschöne Wabbeln fällt auf, sondern die lebendigen Lichtreflexe und Luftblasen, die die Körper umspielen. Diese Darbietung fordert das Publikum heraus, seine Sichtweise auf Schönheit und Alter zu hinterfragen und neue Perspektiven einzunehmen. Es ermutigt zur Annahme und zum Feiern individueller Körperlichkeit – unabhängig vom Alter.

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