Rezepte
Die faszinierenden Welt der Knödel
2024-11-22
Heute kennen wir den “kasichen Troadbozn” ebenso wenig wie den “purkandischen Knödel” oder den “Ipsilanti Knödel”. Doch was die Namen angeht, ist dies nur eine Illusion. In allen diesen vergessenen Rezepte zeigt sich ein festes Fakt: Es handelt sich um Knödel. Und diese sind nicht nur in Oberösterreich (wo sie besonders beliebt sind), sondern über ganz Österreich ein besonderes kulinarisches Kulturgut. Ohne Knödel wäre unser Mittagstisch unvollständig – und das schon seit Jahrhunderten.
Der historische Schatz der Kochbücher
In der Bibliothek des Oberösterreichischen Landesmuseums werden rund 100 handschriftliche Kochbücher aus rund 350 Jahren aufbewahrt. Leiterin Magdalena Wieser berichtet: “Wir fanden unzählige Knödelrezepte darin.” Aus dieser Idee entstand das Buch “Knödelreich” in Zusammenarbeit mit Haubenköchin Elisabeth Grabmer (Waldschänke, Grieskirchen) und Kulinarikjournalistin und Kochbuchautorin Katharina Seiser. “Im Archiv sind die Rezepte zum Leben erwacht. Es gibt Rezepturen, von denen wir noch nie etwas gehört haben.”Rezepte in die Gegenwart holen
Um die alten Rezepte in die heutige Zeit zu bringen, mussten viele Knödel gerollt werden – oder besser: “gedreht”, wie es in Oberösterreich heißt. Wieser übersetzte die Rezepte und kochte sie in ihrer eigenen Küche. Oft fehlten die Maßangaben oder manche Zutaten waren heute nicht so leicht verfügbar. Zum Beispiel wurden getrocknete Weichseln und sogenannte “Krebsbutter” verwendet. Auch fehlten genaue Arbeitsanleitungen. “Da stand oft nur ‘Knödel formen und kochen'.” Doch Kochprofi Elisabeth Grabmer zeigte, dass diese Rezepte auch im 21. Jahrhundert nachkochbar sind. So wurde der “purkandische Knödel” zu einem der Lieblingsrezepte, das mit Ochsenschleppragout kombiniert wurde.Obstknödel – eine interessante Geschichte
Die Lektüre der historischen Kochbücher zeigt, dass die heutigen Obstknödel relativ jung sind. Zuvor wurden der Teig und das Obst vermischt. Außerdem wurden Obstknödel häufig in Fett herausgebacken statt gekocht und in einem Fruchtsupper serviert. Das macht Sinn, da eine Fruchtsauce zu einem gekochten Knödel nicht so gut passt.Rezept: Gebackene Zwetschkenknödel im Zwetschkensupperl (“Zwözgen Knödl zu machen”, 1803)
Für 4 – 6 Personen benötigen wir:Zutaten für die Knödel: 250 g reife Zwetschken, 40 g Butter, 100 g durchgesiebte Semmelbrösel, 1 Msp. gemahlenen Zimt, 50 g Kristallzucker, Abrieb und Saft von 1/2 Zitrone, 2 Eier.Zum Ausbacken: mind. 700 ml. neutrales Pflanzenöl, ca. 50 g Butterschmalz.Zunächst entkernen wir die Zwetschken und schneiden sie in 5 mm große Stücke. Dann rösten wir die Brösel in Butter für 8 bis 10 Minuten auf mittlerer Hitze goldbraun. Dazu geben wir die Zwetschkenwürfel und schmecken mit Zimt, Zucker und Zitronenabrieb. Eiklar halbsteif schlagen und unter die Brösel-Zwetschkenmasse heben. Mit dem Eisportionierer machen wir ca. 12 Kugeln à 35 g und formen sie zu glatten Knödeln. In einem schmalen hohen Topf erhitzen wir Öl und Butterschmalz und backen die Knödel für 5 Minuten goldbraun. Herausheben und abtropfen lassen.Für das Zwetschkensupperl kochen wir entkernte Zwetschken mit Rotwein, Zitronensaft, Zucker und Gewürzen in einem Topf für ca. 15 Minuten. Nelken und Zimtstange entfernen und fein mixen. Zwetschkensupperl in einen passenden Topf geben, sodass die Knödel Platz haben und schwimmen können. Dann 10 Minuten auf niedriger Temperatur leicht wallend kochen. Knödel samt Supperl in eine Terrine oder Schüssel umfüllen und ein wenig abkühlen lassen. Noch warm in der Zwetschkensuppe servieren.Rezept: Topfenknödel mit Tomatensalat (“kasische troadbozn”, um 1600)
Für die Knödel (4 P.) benötigen wir: 250 g Topfen (20 %), 500 ml Buttermilch, 80 g weiche Butter, Salz, 1 Dotter, 1 Ei, 60 g glattes Mehl (Type 480), 50 g Weizengrieß (grob, Type 480), 2 Streifen Zitronenschale für das Kochwasser.Zunächst geben wir den Topfen in eine saubere Geschirrtuch, zusammenschlagen und gut ausdrücken, wobei die Molke auffangen. In einen Topf gießen wir die Buttermilch und heizen sie bei mittlerer Hitze einmal auf. Dabei trennen sich die Molke und der Käsebruch. Den Topf über einem Sieb ausleeren und die Molke auffangen (ergibt ca. 400 ml Molke und ca. 65 g Bruch). Butter 5 Min. hell-cremig aufschlagen und 1 Prise Salz dazugeben. Dotter in einer kleinen Schüssel verschlagen und nach und nach zugeben. Ei in der kleinen Schüssel verschlagen und ebenfalls nach und nach zugeben. Ausgedrückten Topfen, Käsebruch sowie Mehl und Grieß unterrühren und abschmecken.Masse in eine Schüssel geben, mit einem Teigspatel glatt streichen und zugedeckt für 30 Min. in den Kühlschrank stellen. Ca. 2 Liter Wasser salzen und mit Molke, Buttermilch und Zitronenschale in einem Topf zum Kochen bringen. (Vorsicht, kocht leicht über, solange die Knödel noch nicht eingelegt sind.)Aus der Masse mit einem Eisportionierer ca. 8 Kugeln à 50 g abstechen und mit nassen Händen zu glatten Knödeln formen. Vorsichtig die Knödel mit einer leichten Drehbewegung ins kochende Molkenwasser legen. Topf leicht rütteln, damit sie nicht am Topfboden ankleben. Herd zurückschalten und die Knödel halb zugedeckt 20 Minuten ziehen lassen. Mit einem Schaumlöffel herausheben und auf einem Teller mit Küchenpapier abtropfen.Mit Tomatensalat servieren: Ochsenherztomaten in dünne Scheiben schneiden und auf Tellern anrichten, mit Balsamico beträufeln, etwas salzen und mit Pinienkernen bestreuen. Knödel sofort auf die Tomaten setzen, mit Olivenöl beträufeln und mit Basilikumblättern garnieren.Faszination Knödel
Für Elisabeth Grabmer ist die riesige Vielfalt der Knödel die größte Faszination. “Sie können Hauptspeise, Beilage und Dessert sein, egal ob aus Erdäpfeln, Mehl, Grieß oder Brot.” Außerdem bringt das “Knödel drehen” ein besonderes Gefühl: “Es ist Handarbeit pur, etwas, das man selber macht.” Katharina Seiser betont, dass das Formen mit den Händen eine wesentliche Klammer ist: “Das schließt Teige aus, die mit Sieb oder Maschine gemacht werden.” Die Hände verbinden die alten Manuskripte mit den neuen Rezepten. “Die Hände sind der kleinste gemeinsame Nenner.”Magdalena Wieser führt ein weiteres Argument für die unendliche Popularität des Knödels an: “Er ist relativ leicht zu machen, hat etwas Spielerisches an sich und ist eine Möglichkeit, Verschwendung gering zu halten.” Man denke nur an altes Brot, das in Knödeln verarbeitet wird. Aber auch heute kommt es auf einige wesentliche Aspekte an. Seiser betont, dass Zeit ein wichtiger Faktor ist. “Knödelmachen ist keine schnelle Partie.” Sorgfalt bei der Zutatenmenge und das Einhalten von Rastzeiten sei wichtig, insbesondere beim ersten Ausprobieren eines Rezepts.