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Gerichtliche Entscheidungen in Familienrecht: Ein Plädoyer für mehr Sensibilität
2025-02-10

In einer aktuell veröffentlichten Studie weist der Soziologe Wolfgang Hammer auf ein dringendes Problem im Familienrecht hin. Er analysiert Medienberichte über 154 Fälle und befragt rund 4.000 Mütter aus gewaltbelasteten Beziehungen. Seine Ergebnisse legen nahe, dass Gerichte oft nicht genügend sensibel auf Anzeichen von Gewalt reagieren und stattdessen die Mütter in eine Verteidigungsposition zwingen. Dies führt zu langwierigen Rechtsstreitigkeiten, bei denen Väter häufig erweiterte Besuchsrechte oder sogar das Sorgerecht erhalten, während den Müttern vorgeworfen wird, ihre Kinder gegen den Vater aufzuhetzen.

Ein tiefer Blick in die Praxis des Familienrechts

In einem kritischen Gespräch beleuchtet Helene Kilb die Herausforderungen, mit denen Mütter in gewaltbelasteten Beziehungen konfrontiert sind. In vielen Fällen beschweren sich Väter beim Jugendamt oder Familiengericht über die Mütter, indem sie behaupten, diese hätten psychische Störungen, die dazu führen, dass sie ihre Kinder manipulieren oder gegen den Vater aufhetzen. Diese Vorwürfe stellen die Mütter in eine schwierige Position, in der sie sich verteidigen müssen. Häufig berichten die Frauen dann zum ersten Mal vor Gericht von Gewalt in der Beziehung, was ihnen als Lüge ausgelegt wird. Das Ergebnis ist oft, dass Vätern mindestens erweiterte Besuchsrechte zugesprochen werden, während Müttern nur eingeschränkte Kontakte zu ihren Kindern gestattet sind. In manchen Fällen kommen die Kinder sogar in staatliche Obhut.

Von einem historischen Standpunkt aus erklärt Hammer, dass Jugendämter früher die Annahme hegten, dass die Mutter die Hauptbezugsperson sei, und nur eingriffen, wenn eine nachweisbare Gefährdung bestand. Mit der Anerkennung der Bedeutung von Vätern in der Erziehung sei jedoch ein wichtiger Aspekt vernachlässigt worden: Die positive Rolle von Vätern setzt voraus, dass sie keine Gewalt anwenden. Ein gewalttätiger Mann kann ebenso wenig ein guter Vater sein wie eine alkoholisierte Mutter eine gute Mutter.

Um dieses Problem anzugehen, plädiert Hammer dafür, dass Gerichte Hinweise auf Gewalt ernster nehmen sollten. Er schlägt vor, anonymisierte Akten für wissenschaftliche Zwecke zugänglich zu machen, um die Qualität der Entscheidungen zu verbessern.

Aus Sicht eines Journalisten zeigt diese Studie, wie wichtig es ist, die Komplexität von Familienkonflikten zu erkennen und gerechte, kindgerechte Lösungen zu finden. Es ist Zeit, die Strukturen des Familienrechts kritisch zu hinterfragen und notwendige Reformen einzuleiten, um sicherzustellen, dass das Wohl aller Beteiligten – insbesondere der Kinder – tatsächlich im Mittelpunkt steht.

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