In den letzten Monaten hat sich die Preisentwicklung im Euroraum erheblich verändert. Laut einer ersten Schätzung des EU-Statistikamtes Eurostat lag die durchschnittliche Teuerungsrate im April bei 2,2 Prozent – eine Zahl, die mit der Vormonatsrate übereinstimmt. Diese Stabilität kam unerwartet, da Wirtschaftsexperten einen Rückgang auf 2,1 Prozent prognostiziert hatten. Die Zielmarke der Europäischen Zentralbank (EZB) von 2,0 Prozent erscheint somit in greifbarer Nähe.
Diese Entwicklung ist nicht nur ein Indikator für die Preisstabilität, sondern auch ein Spiegelbild der gesamtwirtschaftlichen Aktivitäten. Insbesondere zeigt sie, wie erfolgreich die EZB bisher in ihrer Strategie war, durch gezielte Maßnahmen die Inflation zu steuern. Doch wie genau wirken sich diese Entwicklungen auf verschiedene Sektoren aus?
Seit Mitte 2024 hat die EZB ihren Kurs deutlich verschoben. Anstatt weiterhin auf einem straffen Kreditrahmen zu bestehen, setzt sie nun auf Lockerung. Dieser Umschwung wird insbesondere durch sieben Zinssenkungen dokumentiert, die seitdem stattgefunden haben. Der jüngste Schritt erfolgte bereits im April, sodass der Schlüsselsatz der EZB, der als Leitzins gilt, nun bei 2,25 Prozent liegt.
Vergleicht man diese Zahl mit dem Stand vom Anfang Juni 2024, wo der Leitzins noch bei 4,00 Prozent lag, wird deutlich, wie stark die Notenbank ihre Politik angepasst hat. Experten gehen davon aus, dass dieser Trend fortgesetzt wird. Durch die Senkung der Zinsen will die EZB Investitionen ankurbeln und so die Wirtschaft vor einem möglichen Abschwung bewahren.
Eine detaillierte Analyse der Preisentwicklung zeigt erhebliche Unterschiede zwischen den einzelnen Sektoren. Während die Dienstleistungen weiterhin einen signifikanten Preisdruck ausüben, stagnieren andere Bereiche oder zeigen sogar Rückgänge. Im April stieg die Inflation bei den Dienstleistungen auf 3,9 Prozent nach 3,5 Prozent im März. Dies unterstreicht die zentrale Rolle dieses Segments bei der Gesamtinflation.
Auf der anderen Seite entwickelten sich die Energiepreise negativ. Sie sanken um 3,5 Prozent, was einen erheblichen Unterschied zum Vormonat darstellt, wo noch ein Rückgang von 1,0 Prozent registriert wurde. Auch die Preise für Industriegüter ohne Energie blieben stabil bei einem Plus von 0,6 Prozent. Interessant ist jedoch die Entwicklung bei Lebensmitteln, Alkohol und Tabak, die sich im April um 3,0 Prozent verteuerten, nachdem sie im März noch um 2,9 Prozent gestiegen waren.
Ein besonderes Augenmerk legt die EZB auf die Kerninflation, die schwankungsreiche Preise wie Energie, Lebensmittel, Alkohol und Tabak ausschließt. Diese Kennzahl gibt einen tieferen Einblick in zugrundeliegende Trends der Preisentwicklung. Im April stieg die Kerninflation auf 2,7 Prozent an, nachdem sie im März noch bei 2,4 Prozent gelegen hatte. Dies zeigt, dass fundamentale Preissteigerungen weiterhin vorhanden sind.
Für die EZB ist dies ein wichtiges Signal, denn es ermöglicht ihr, die Effekte kurzfristiger Schwankungen von langfristigen Strukturen zu unterscheiden. Gerade in Zeiten wirtschaftlicher Unsicherheit hilft diese Differenzierung, fundierte Entscheidungen zu treffen und so die Preisstabilität langfristig zu gewährleisten.