In einem schockierenden Fall von systematischem Missbrauch steht Frankreichs Justiz ein ehemaliger Chirurg namens Joel Le Scouarnec im Verdacht, über einen Zeitraum von mehr als zwei Jahrzehnten fast 300 Kinder sexuell missbraucht zu haben. Der Prozess, der in Kürze beginnen wird, folgt auf die Fersen des Aufsehens erregenden Falles von Avignon, wo 51 Täter verurteilt wurden. Diese Serie von Ereignissen hat tiefe Spuren in der französischen Gesellschaft hinterlassen und fordert eine gründliche Überprüfung des Systems.
In den frühen Herbsttagen des Jahres 2024 tritt der 74-jährige Joel Le Scouarnec vor Gericht. Er muss sich für insgesamt 111 Vergewaltigungen und 189 sexuelle Übergriffe verantworten, die zwischen 1989 und 2014 verübt worden sein sollen. Die Opfer waren durchschnittlich elf Jahre alt und viele von ihnen befanden sich während der Tat unter Narkose. Le Scouarnec nutzte seine Position als Arzt, um diese Verbrechen zu begehen, oft ohne Spuren zu hinterlassen – was es zu einem nahezu perfekten Verbrechen machte. Seine sorgfältigen Aufzeichnungen und archivierte Beweise kamen erst bei einer Hausdurchsuchung ans Licht, die anfangs einem anderen Fall galt. Diese Enthüllungen führten zu einer zweiten Ermittlung, die auf Behördenversagen hinweist, da einige seiner Vorgesetzten bereits früher von seinen Straftaten wussten.
Von einem journalistischen Standpunkt aus betrachtet, ist dieser Fall ein alarmierendes Beispiel für das Versagen des Systems. Es stellt wichtige Fragen nach der Sicherheit von Patienten und der Pflicht der medizinischen Fachkräfte, Misshandlungen zu melden. Dieser Prozess könnte dazu beitragen, dass die Scham von den Opfern auf die Täter und diejenigen überspringt, die versagt haben, sie zu schützen. Es ist hoffentlich ein Wendepunkt, der zu strengeren Kontrollen und einem besseren Schutz von Kindern führen wird.