Ein Blick in die Praxis der Familientherapie zeigt, dass es durchaus normal ist, wenn Kinder je nach Umgebung unterschiedliche Persönlichkeiten zeigen. Dorothea Jung, eine renommierte Diplom-Sozialpädagogin und systemische Familientherapeutin, erklärt, dass dies vor allem dann auftritt, wenn Kinder sich in der Nähe ihrer engsten Bezugspersonen befinden. Diese enge Bindung führt dazu, dass Kinder sich weniger zurückhalten und ihre Emotionen freizügiger äußern können.
Besonders auffällig wird dieser Effekt, wenn Kinder nur eine enge Bezugsperson haben, häufig die Mutter. Die Kinder spüren unbewusst, dass diese Person immer für sie da ist, egal wie sie sich verhalten. Dies führt zu einer größeren Bereitschaft, auch negative Emotionen zu zeigen. Eine solche enge Bindung kann jedoch auch positive Auswirkungen haben, indem sie den Kindern ein Gefühl von Sicherheit und Geborgenheit vermittelt.
Ein weiterer Faktor, der das Verhalten der Kinder beeinflusst, ist die Art und Weise, wie Eltern mit ihnen kommunizieren. Väter neigen oft dazu, klarere und prägnantere Anweisungen zu geben, was dazu führt, dass Kinder schneller gehorchen. Dies wurde auch von Jake Barr beobachtet, der in seinem Video berichtet, dass seine Kinder sofort auf seine klaren Befehle reagieren. Diese Art der Kommunikation bietet den Kindern eine Struktur und Klarheit, die sie benötigen, um sich sicher und kontrolliert zu fühlen.
Für Mütter hingegen kann die Kommunikation oft komplexer sein, da sie tendenziell mehr Erklärungen und dialogorientierte Ansätze anwenden. Dies kann dazu führen, dass Kinder länger brauchen, um auf Anweisungen zu reagieren, was wiederum zu Frustration und Unruhe führen kann. Es ist wichtig, dass Eltern lernen, verschiedene Kommunikationsstile anzupassen, um den Bedürfnissen ihrer Kinder gerecht zu werden.
Ein Aspekt, der oft unterschätzt wird, ist die begrenzte Zeit, die Kinder mit bestimmten Personen verbringen. Wenn der Vater z.B. hauptsächlich am Wochenende für die Betreuung zuständig ist, können die Kinder diese Stressfreieren Zeiten besonders positiv wahrnehmen. Sie spüren den Unterschied zur alltäglichen Routine, in der ihre Hauptbezugsperson, oft die Mutter, unter Druck steht und gestresster wirkt. Diese Ruhephasen können dazu führen, dass Kinder sich ruhiger und kooperativer verhalten.
Es ist auch wichtig zu beachten, dass Großeltern oft eine ähnliche Wirkung haben. Da sie nicht Teil des täglichen Stress sind, können sie mit mehr Gelassenheit auf die Enkelkinder eingehen. Dies spiegelt sich in einem positiven Verhalten wider, das Kinder in der Gegenwart ihrer Großeltern zeigen. Für Eltern bedeutet dies, dass eine bessere Aufteilung der Betreuungszeiten und ein bewussterer Umgang mit dem Alltag helfen könnten, das Verhalten der Kinder zu verbessern.
Wenn Eltern bemerken, dass das unterschiedliche Verhalten ihrer Kinder störend wirkt, sollten sie darüber nachdenken, wie sie die Care-Arbeit neu verteilen können. Oft genug hilft schon ein bisschen Verständnis und Entlastung für diejenige Person, die den größten Teil der Alltagsbelastung trägt. Dies könnte bedeuten, dass der Vater mehr Zeit mit den Kindern verbringt oder dass andere Familienmitglieder oder Freunde unterstützt werden.
Insgesamt zeigt diese Diskussion, dass das Verhalten von Kindern stark von ihrer Umgebung und den Beziehungen zu den Eltern abhängt. Durch ein tieferes Verständnis dieser Dynamiken können Eltern effektive Strategien entwickeln, um eine harmonischere Familienatmosphäre zu schaffen und gleichzeitig den emotionalen Bedürfnissen ihrer Kinder gerecht zu werden.