Journalismus
Umwälzungen im Getränkesektor: Der Wandel der Alkoholkonsumgewohnheiten
2025-04-23

In den letzten Jahren hat sich der deutsche Getränkemarkt fundamental verändert. Während der klassische Bierkonsum zurückgeht, erfreuen sich alkoholfreie Alternativen und speziell angepasste Biervarianten immer größerer Beliebtheit. Dr. Uwe Lebok, Experte für Markt- und Verbrauchertrends bei K&A Brand Research, analysiert diese Entwicklung in einem umfassenden Interview. Er zeigt dabei auf, dass mehr als nur ein Trend zu gesünderem Leben hinter dieser Verschiebung steckt. Stattdessen sind tiefgreifende soziale Veränderungen sowie neue Konsumvorstellungen maßgeblich dafür verantwortlich, wie sich die jüngeren Generationen mit Alkohol auseinandersetzen.

Eine der markantesten Entwicklungen ist die Abkehr von traditionellen Trinkanlässen. Früher waren das Stammtische oder Vereinsfeiern, heute treffen Menschen sich seltener in solchen Kontexten. Dies beeinträchtigt direkt den Bierkonsum, da alternative Anlässe noch nicht etabliert sind. Zudem spielt der zunehmende Anteil von Personen mit Migrationshintergrund eine Rolle, die oft andere Vorlieben im Getränkemarkt haben. Diese gesellschaftlichen Veränderungen führen dazu, dass Brauereien kreative Lösungen finden müssen, um weiterhin relevant zu bleiben.

Zugleich zeigt sich ein klarer Trend hin zu alkoholfreien Produkten. Besonders unter jüngeren Konsumenten steht der Wunsch nach Genuss im Vordergrund, ohne dabei die negativen Effekte von Alkohol in Kauf nehmen zu müssen. Die Produktion von alkoholfreiem Bier bietet somit einen idealen Kompromiss zwischen Lebensstil und Freizeitgenuss. Dr. Lebok betont hierbei, dass dies auch einer generellen Kritik an Alkoholkonsum entspricht, die in der Bevölkerung wächst.

Für die zukünftige Entwicklung des Marktes ist besonders wichtig, wie Brauereien ihre Produkte positionieren. Regionalität spielt dabei eine immer größere Rolle, auch wenn jüngere Generationen sich weniger stark mit ihrer Herkunftsregion identifizieren. Statt konventioneller Regionalkonzepte suchen sie nach authentischen Geschichten und nachbarhaften Marken. Ein weiteres Thema ist die Frage nach innovativen Geschmacksrichtungen, wie zum Beispiel Kräuterbiere, die sowohl an aktuelle Trends als auch an gesundheitsbewusste Konsumenten ansprechen.

Die Kommunikation mit der Zielgruppe muss sich ebenfalls ändern. Traditionelle Medienformate werden durch digitale Plattformen abgelöst, insbesondere Influencer-Marketing wird zu einem zentralen Instrument. Dennoch bleibt es Herausforderung, junge Menschen außerhalb ihrer individuellen Blasen zu erreichen. Dazu bedarf es hybrider Strategien, die sowohl online als auch offline wirken und dabei authentisch bleiben.

Um wirtschaftlich erfolgreich zu bleiben, müssen Unternehmen im Getränkebereich auf die Bedürfnisse der Konsumenten eingehen. Dies betrifft sowohl die Produktentwicklung als auch die Präsentation in Handel und Verkauf. Besonders beim Fachhandel besteht ein großes Potenzial, Kundenbegeisterung neu zu wecken. Kleine Brauereien können dabei durch persönliche Ansprache und innovative Veranstaltungen einen klaren Unterschied zu großen Marken machen.

Die Zukunft des Biermarktes liegt somit in der Fähigkeit, flexibel und kreativ zu agieren. Werden Unternehmen bereit sein, aus ihrer gewohnten Komfortzone herauszutreten und aktiv in die Lebenswelt ihrer Konsumenten einzusteigen, haben sie die Chance, auch in Zeiten eines sinkenden Gesamtmarktes erfolgreich zu sein. Es geht also nicht nur darum, Produkte anzubieten, sondern auch eine neue Art der Markeinbindung herzustellen, die über den reinen Kauf hinausgeht.

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