Rezepte
Mehr medizinisches Cannabis: Einfach Kiffen auf Rezept
2024-08-17

Cannabis auf Rezept - Eine ambivalente Praxis

Der einfache Zugang zu medizinischem Cannabis über Online-Plattformen wirft Fragen auf. Während die Verschreibungszahlen rasant steigen, deuten Experten darauf hin, dass das Gesetz nicht immer befolgt wird. Die Versorgung von ernsthaft Erkrankten gerät dabei zunehmend unter Druck.

Rezepte im Eilverfahren - Der bequeme Weg zum Cannabis-Genuss

Der Boom der Online-Verordnungen

Die Möglichkeit, Cannabis als Medizin zu beziehen, hat in den letzten Jahren zu einem deutlichen Anstieg der Verschreibungen geführt. Insbesondere Online-Plattformen, die Rezepte ausstellen, haben dazu beigetragen. Ein Mann aus Berlin berichtet, wie er in nur wenigen Minuten ein Rezept für medizinisches Cannabis erhielt, ohne eine eingehende Untersuchung. Stattdessen konnte er aus einer Liste von vier Leiden wählen und entschied sich für Rückenschmerzen. Solche Erfahrungen sind offenbar keine Einzelfälle.

Steigende Importzahlen als Indikator

Die Zahlen des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) belegen den Trend: Die Einfuhr von getrockneten Cannabisblüten zu medizinischen Zwecken stieg im zweiten Quartal 2022 um 40 Prozent im Vergleich zum Vorquartal - von 8,1 Tonnen auf 11,7 Tonnen. Experten sehen darin einen Hinweis darauf, dass die Verschreibungen deutlich zugenommen haben.

Verordnungen oft als Privatrezepte

Nach Angaben des Leiters der Bundesopiumstelle, Peter Cremer-Schaeffer, wurden mehr als zwei Drittel der Cannabis-Rezepte als Privatrezepte ausgestellt. Dies lässt vermuten, dass das Cannabis nicht immer für schwerwiegende Erkrankungen verschrieben wurde, wie es das Gesetz vorsieht. Stattdessen könnte es teilweise zum Genuss verwendet worden sein.

Schwarzmarktpreise und Qualitätsgarantie

Die Online-Plattformen, die Cannabis-Rezepte ausstellen, werben mit attraktiven Preisen, die ähnlich wie auf dem Schwarzmarkt sind. Gleichzeitig bieten sie eine Qualitätsgarantie. Für viele Patienten scheint dies ein verlockender Anreiz zu sein, sich auf diesem Weg mit medizinischem Cannabis zu versorgen.

Sorgfaltspflichten der Ärzte nicht eingehalten

Die Deutsche Pharmazeutische Gesellschaft (DPhG) kritisiert, dass es den Ärzten auf den Online-Plattformen kaum möglich sei, ihrer Sorgfaltspflicht nachzukommen. Cannabis könne unerwünschte Wirkungen haben, insbesondere Blüten mit hohem THC-Gehalt. Die DPhG fordert daher, dass ein persönliches Arztgespräch für die Ausstellung eines Cannabis-Rezepts Pflicht sein sollte.

Hoher THC-Gehalt als Risikofaktor

Tatsächlich ist der durchschnittliche THC-Gehalt von Cannabis in den letzten Jahren deutlich gestiegen. Laut dem Europäischen Drogenbericht hat sich der Wert zwischen 2012 und 2022 verdoppelt. Experten warnen, dass dies die Zahl psychotischer Ereignisse auch bei erfahrenen Konsumenten erhöhen könnte.

Zweifel am Patientenwohl

Die DPhG-Expertenfachgruppe äußert den Verdacht, dass die Online-Plattformen eher an ihrem Gewinn als am Wohl der Patienten interessiert seien. Sie betonen, dass die Verordnung von Cannabis zu Genusszwecken nicht im Sinne des Gesetzgebers sei.

Beobachtung durch das Ministerium

Das Bundesgesundheitsministerium betont, dass Cannabis zu medizinischen Zwecken nur mit einem tatsächlichen medizinischen Grund verschrieben werden dürfe. Die Entwicklung werde weiterhin genau beobachtet.

Patientenversorgung unter Druck

Für Patienten wie Andreas Peifer, der Cannabis aus medizinischer Notwendigkeit nutzt, bringt die Situation Probleme mit sich. Da die Rezeptverschreibungen so stark gestiegen sind, sei vieles nicht mehr lieferbar. Er müsse immer wieder auf neue Präparate ausweichen, mit denen er sich erst vertraut machen muss.

Regulierung durch Anbauvereine als Lösung?

Peifer hofft, dass die Cannabis-Anbauvereine, die seit kurzem in Deutschland starteten, die Situation verbessern können. Denn dann könnten Patienten das Cannabis legal und kontrolliert beziehen. Er appelliert an andere Patienten, sich an Ärzte vor Ort zu wenden, um die Medikation gemeinsam zu besprechen. Für Genusszwecke empfiehlt er den Anbauverein als Alternative zum illegalen Schwarzmarkt.
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