Lorenz, ein 38-jähriger Richter am Amtsgericht Kempten, widmet sich wöchentlich 43 Stunden seiner anspruchsvollen Tätigkeit. Er führt Hauptverhandlungen, in denen Zeugen angehört und Angeklagten die Möglichkeit zur Verteidigung gegeben wird, bevor ein rechtskräftiges Urteil gefällt wird. Insbesondere in Strafsachen befasst sich Lorenz häufig mit Bagatelldelikten, wie zum Beispiel Verkehrsverstößen. Der Druck, der auf ihm lastet, ist enorm. Staatsanwälte, Verteidiger und die Angeklagten selbst treten ihm oft konfrontativ gegenüber. Flexibilität ist in den Verhandlungen entscheidend, da unvorhergesehene Wendungen schnelle Reaktionen erfordern.
In manchen Situationen muss Richter Lorenz knifflige Entscheidungen treffen und dabei stets prüfen, ob er sich innerhalb der gesetzlichen Grenzen bewegt. Ein Beispiel, das er dem BR schilderte, veranschaulicht diese moralische Herausforderung: Eine Person wurde zu einer sechsmonatigen Freiheitsstrafe auf Bewährung verurteilt, begann aber nur einen Monat später erneut mit Betrugstaten. Lorenz fragt sich, ob es angemessen ist, einer solchen Person eine weitere Bewährungschance zu geben.
Die Karriere als Richter ist ein langer Weg. Lorenz absolvierte nach dem Abitur ein Jurastudium und promovierte anschließend. Danach sammelte er Erfahrungen als Rechtsanwalt und Staatsanwalt, bevor er seine Tätigkeit als Regierungsrat aufnahm. Erst nach diesen Stationen konnte er seine gewünschte Position als Richter antreten.
Trotz der Tatsache, dass Lorenz in seinem früheren Beruf potenziell das Doppelte verdienen könnte, bereut er seinen Wechsel in die Justiz nicht. Sein aktuelles Bruttogehalt beläuft sich auf 6407 Euro, ergänzt durch einen Orts- und Familienzuschlag von 493 Euro. Nach Abzug der Steuern verbleiben ihm 5022 Euro netto. Nach Berücksichtigung aller Fixkosten stehen ihm am Monatsende immer noch 2120 Euro zur freien Verfügung. Für ihn scheint die persönliche Erfüllung wichtiger zu sein als ein höheres Gehalt.