Finanzierung
Strukturwandel im Nordschwarzwald: Neue Wege für die Zuliefererindustrie
2025-04-21

Die Automobilzulieferer aus dem Nordschwarzwald stehen vor einem fundamentalen Wirtschaftswandel. Professor Dr. Bernhard Kölmel, Leiter des Transformationsbeirats im Transformationsnetzwerk Nordschwarzwald, warnt vor der Festhaltung an veralteten Geschäftsmodellen und fordert eine klare Neuausrichtung auf zukunftsträchtige Branchen. Die Globalisierung und Digitalisierung führen zu einer Kommodifizierung von Fahrzeugkomponenten, wodurch das deutsche Qualitätserfolgsmodell zunehmend in Frage gestellt wird. Diversifikation hin zu Medizintechnik, Robotik oder Raumfahrt erscheint als notwendige Antwort.

Kölmel betont dabei die Bedeutung eines langfristigen Denkens bei der Erschließung neuer Märkte sowie die Notwendigkeit stärkerer politischer Unterstützung für den Mittelstand. Ohne echte Innovation und einen proaktiven Ansatz könnten die regionalen Unternehmen ihren Wettbewerbsvorteil verlieren.

Vom Ende des traditionellen Erfolgsmodells

Die Automobilbranche befindet sich inmitten einer tiefgreifenden Transformation, die auch die Zulieferer im Nordschwarzwald erfasst hat. Die globale Standardisierung von Elektrofahrzeugkomponenten macht es immer schwieriger, durch hohe Qualität allein einen Preisvorteil zu erzielen. Traditionelle Stärken wie Präzision und Zuverlässigkeit verlieren ihre Relevanz in einem Markt, der von Plattformökonomien dominiert wird.

In diesem neuen Umfeld droht deutschen Produzenten ein Abstieg. Während internationale Technologiekonzerne wie Foxconn mit ihrer Plattform „Mobility in Harmony“ neue Standards setzen, sinken die Kosten für wichtige Bauteile drastisch. Ein Beispiel hierfür ist der Inverter, dessen Herstellungspreis sich innerhalb kurzer Zeit halbiert hat. Diese Entwicklung verdeutlicht, dass "Made in Germany" nicht länger als Alleinstellmerkmal gelten kann. Stattdessen setzt sich eine "Good-enough"-Philosophie durch, die preiswerte Lösungen bevorzugt. Dies stellt die Region vor enorme Herausforderungen, da sie sich neu definieren muss.

Aufbau einer innovativen Zukunft

Um diesen Strukturwandel bewältigen zu können, plädiert Kölmel für eine konsequente Diversifikation der Industrie. Der Fokus sollte auf innovativen Sektoren liegen, wie etwa der Medizintechnik oder der Automatisierungstechnik. Allerdings erfordert dieser Schritt einen nachhaltigen Ansatz, da der Einstieg in neue Märkte Zeit benötigt. Es dauert zwischen drei und zehn Jahren, bis sich Unternehmen etabliert haben und entsprechende Ressourcen bereitstellen können.

Hierbei spielt das Transformationsnetzwerk Nordschwarzwald eine entscheidende Rolle. Es unterstützt Unternehmen bei der Entwicklung neuer Geschäftsmodelle und hilft bei der Identifizierung zukunftsweisender Technologien. Zusätzlich ruft Kölmel nach verstärkter politischer Unterstützung, um mittelständische Unternehmen besser zu positionieren. Seine Vision geht dahin, dass der Nordschwarzwald zu einem Vorreiter in innovativen Industriezweigen werden kann, wenn er sich frühzeitig von alten Strukturen löst und mutig neue Wege beschreitet. Nur so kann die Region ihre wirtschaftliche Stärke aufrecht erhalten und gleichzeitig neue Chancen erschließen.

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