Die Absicht des neuen Bundesinnenministers, Alexander Dobrindt, die Kontrollen an deutschen Grenzen zu intensivieren, weckt Skepsis in der Wirtschaft. Experten warnen vor erheblichen wirtschaftlichen Auswirkungen, falls der grenzüberschreitende Handel und die Lieferketten gestört werden. Insbesondere Branchen wie Logistik, Pflege sowie regionale Einzelhandels- und Gastronomiebetriebe könnten unter Einschränkungen leiden. Obwohl Maßnahmen zur Eindämmung von Migration verständlich seien, betonten Vertreter der Wirtschaft, dass sie zeitlich begrenzt bleiben sollten, um den europäischen Binnenmarkt nicht zu gefährden.
In jüngster Zeit hat sich die Debatte über das Thema Grenzsicherheit verschärft. Der Innenminister Dobrindt schlägt vor, die Überprüfung von Personen und Gütern am EU-Außengrenze auszubauen. Dieses Vorgehen könnte jedoch erhebliche Folgen für den Handel haben, wie Volker Treier, Außenwirtschaftschef der DIHK, hervorhebt. Die Coronakrise habe bereits gezeigt, dass ein eingeschränkter Grenzverkehr negative Effekte auf die Wirtschaft haben kann. Vor allem Unternehmen, die stark auf grenzüberschreitende Zusammenarbeit angewiesen sind, könnten durch verstärkte Kontrollen beeinträchtigt werden.
Treier appelliert an die Politik, bei der Umsetzung ihrer Ziele auch auf die Bedürfnisse international vernetzter Unternehmen Rücksicht zu nehmen. Der Schengen-Raum sei für viele deutsche Firmen unerlässlich, da er eine effiziente Bewegung von Waren und Dienstleistungen ermöglicht. Besonders kritisch sieht der DIHK-Experte Einschränkungen im Bereich der grenzüberschreitenden Arbeitskräfte, die für Sektoren wie Pflege und Gesundheit essenziell sind.
Diese Sorgen teilt auch Dirk Jandura, Außenhandelspräsident der DIHK. Er betont, dass verstärkte Kontrollmaßnahmen nur vorübergehend sein sollten. Denn wenn diese länger andauern, könnten sie zu höheren Kosten für Unternehmen führen, insbesondere bei Lagerhaltung und Lieferketten. Auch „Just-in-time-Lieferungen“ könnten durch unnötige Verzögerungen beeinträchtigt werden, was insbesondere in Zeiten wirtschaftlicher Unsicherheit zusätzliche Belastungen mit sich bringt.
Um mögliche Störungen zu minimieren, setzt die Logistikbranche große Hoffnungen auf eine enge Zusammenarbeit zwischen verschiedenen Ministerien. Dirk Engelhardt vom Bundesverband Güterkraftverkehr spricht von der Notwendigkeit spezieller Fahrspuren für den Güterverkehr – sogenannte „Green Lanes“. Diese könnten sicherstellen, dass Lastkraftwagen problemlos die Grenzen passieren und Lieferungen pünktlich erfolgen.
Die Diskussion um verschärfte Grenzkontrollen zeigt somit deutlich, dass es einen sensiblen Balanceakt zwischen Sicherheitsinteressen und wirtschaftlichen Anforderungen gibt. Während die Abschreckung irregulärer Wanderbewegungen als wichtig gilt, ist klar, dass dies nicht auf Kosten eines funktionierenden europäischen Marktes geschehen darf. Die Lösung liegt daher in einer sorgfältigen Abstimmung zwischen politischen und wirtschaftlichen Akteuren.