Kinder entwickeln ihre eigenen Ordnungssysteme in unterschiedlichen Lebensphasen. Während im Kindergarten individuelle Sortiermethoden entstehen, werden diese im Grundschulalter und in der Pubertät weiter verfeinert. Pädagogin Ouarda Saillo zeigt, wie Eltern die Entwicklung von Strukturen bei ihren Kindern begleiten können.
In den ersten Lebensjahren beginnen Kinder, eigene Systeme zu entwickeln. Diese Prozesse sind stark durch persönliche Präferenzen geprägt und erfordern eine unterstützende Umgebung, die Freiräume bietet.
Im Kindergartenalter entdecken Kinder die Welt der Ordnung auf individuelle Weise. Während Luna nach Farben sortiert und Luka nach Größenordnungen arbeitet, hat Freya eine völlig andere Methode entwickelt – sie lässt ihr Fach absichtlich leer. Diese Beispiele verdeutlichen, dass Ordnung ein sehr persönlicher Prozess ist. ErzieherInnen sollten daher Strukturen schaffen, die individuelle Lösungen ermöglichen. Dazu gehören kindgerechte Möbel, transparente Behälter und klare Tagesabläufe. Durch regelmäßige Ritualien wie gemeinsames Essen oder feste Schlafenszeiten entwickeln Kinder innere Strukturen, die sie auch außerhalb des Kindergartens anwenden können.
Die Unterstützung bei der Entwicklung von Ordnungssystemen erfordert Dialog und Flexibilität. Besonders wichtig ist es, mit den Kindern über ihre Vorstellungen zu sprechen und gemeinsam Entscheidungen zu treffen. Dabei sollte man sich an drei Grundprinzipien orientieren: erstens, weniger Dinge führen zu mehr Konzentration; zweitens, Spielzeug muss nach Gebrauch wieder verstaut werden; drittens, Regeln können flexibel sein. So können Kinder beispielsweise einen Tag ausnahmsweise überspringen, wenn sie nicht aufräumen möchten. Auch spielerische Elemente helfen dabei, das Aufräumen zu erleichtern.
Mit fortschreitendem Alter entwickeln Kinder unterschiedliche Persönlichkeiten, die sich auch in ihrem Umgang mit Ordnung widerspiegeln. Eltern können verschiedene Strategien anwenden, um diesen Entwicklungsprozess zu unterstützen.
Im Grundschulalter zeigen sich erste deutliche Unterschiede in den Verhaltensweisen. Vier häufige Typen lassen sich hierbei unterscheiden: Die Sammler, die alles behalten möchten; die Perfektionisten, die nur absolut korrekte Lösungen akzeptieren; die Kreativen, die im Chaos am besten arbeiten; und die Aufschieber, die Schwierigkeiten haben, Prioritäten zu setzen. Für jede Gruppe gibt es spezifische Ansätze. So können Sammler durch gemeinsame Überlegungen dazu motiviert werden, Dinge loszulassen. Perfektionisten profitieren davon, wenn sie lernen, auch unvollkommene Lösungen anzunehmen. Kreative benötigen spielerische Ansätze, um das Aufräumen interessant zu finden, während Aufschieber durch strukturierte Schritte unterstützt werden können.
In der Pubertät wird die Entwicklung von Strukturen oft noch komplexer. Hier spielen psychologische Faktoren eine wichtige Rolle. Manche Jugendliche entwickeln extrem unkonsentrierte Verhaltensweisen, während andere eine fast zwanghafte Ordnung bevorzugen. Experten empfehlen, in solchen Fällen klar zwischen normalen Entwicklungsprozessen und möglichen Störungen zu differenzieren. Wenn ein Kind plötzlich extreme Verhaltensweisen zeigt, kann dies ein Zeichen für größere Probleme sein. In den meisten Fällen jedoch handelt es sich um normale Phasen, die mit dialogorientierten Ansätzen bewältigt werden können. Wichtige Instrumente sind dabei klare Regeln, flexible Anpassungen und unterstützende Maßnahmen wie zusätzlicher Stauraum oder neue Organisationssysteme.