Eine aktuelle Untersuchung des Bundesrechnungshofs (BRH) bringt ein brisantes Thema in den Fokus: Der Staat verliert jährlich Milliarden durch Steuerbetrug, während der Missbrauch von Sozialleistungen im Vergleich weit weniger erheblich ist. Während die politischen Debatten oft auf Bürgergeld-Empfänger zielen, zeigt der Bericht eine andere Realität auf. Die Koalition plant Maßnahmen gegen Sozialleistungsmissbrauch, doch bleibt das Problem der Steuerhinterziehung unerwähnt. Experten fordern daher Reformen und eine Modernisierung der Steuerfahndung.
Der BRH veröffentlichte einen Sonderbericht, der strukturelle Defizite in der deutschen Finanzverwaltung anspricht. Kernpunkt ist die immense Belastung des Bundeshaushalts durch Steuerbetrug. Im Jahr 2023 wurden allein durch Steuerfahndungsbehörden 2,5 Milliarden Euro sichergestellt – ein Betrag, der laut BRH nur die Spitze des Eisbergs darstellt. Der Schaden durch Steuerhinterziehung wird insgesamt auf einen zweistelligen Milliardenbetrag geschätzt.
Florian Köbler, Vorsitzender der Deutschen Steuer-Gewerkschaft (DSTG), geht noch weiter und beziffert den jährlichen Verlust durch Steuerhinterziehung auf etwa 200 Milliarden Euro. Dabei entfallen 100 Milliarden Euro auf aggressive Steueroptimierungen multinationaler Konzerne, 70 Milliarden auf alltäglichen Steuerbetrug und weitere 30 Milliarden auf gezielte Steuervermeidung wie Umsatzsteuerkarusselle. Diese Zahlen stehen im krassen Gegensatz zu den etwa 260 Millionen Euro, die durch Missbrauch des Bürgergeldes entstanden sind.
Die Lösung liegt nach Ansicht vieler Experten in einer grundlegenden Reform der Steuerfahndung. Moderne Technologien wie Künstliche Intelligenz könnten dabei helfen, die Effizienz zu steigern. Florian Köbler betont, dass manuelle Prüfungen nicht ausreichen, um das Ausmaß des Problems zu bekämpfen. Zudem kritisiert er Personalabbaupläne bis 2030, die die Situation verschärfen könnten. Stattdessen sollten Ressourcen gezielt für die Bekämpfung von Steuerbetrug eingesetzt werden.
Der Sonderbericht hebt zudem hervor, dass Deutschland bei der Digitalisierung der Finanzverwaltung weit hinter seinen eigenen Ansprüchen zurückbleibt. Eine moderne IT-Infrastruktur wäre essenziell, um das Steueraufkommen sicherzustellen und den Staat vor weiteren Milliardenverlusten zu schützen. Politiker müssen somit dringend handeln, um das Vertrauen in das Steuersystem wiederherzustellen und faire Bedingungen für alle Bürger zu schaffen.
Die aktuelle Diskussion verdeutlicht, dass der Kampf gegen Steuerbetrug oberste Priorität haben sollte. Während die öffentliche Aufmerksamkeit oft auf Sozialleistungsmissbrauch gerichtet ist, zeigt der BRH-Bericht, dass es weitaus größere Probleme gibt, die systematisch angegangen werden müssen. Eine moderne Steuerfahndung und eine effektive Digitalisierung könnten den Staat vor enormen finanziellen Verlusten bewahren.