Die Wirtschaft Europas steht vor der Herausforderung, ausreichend Kapital für zukunftsweisende Projekte zu mobilisieren. Eine Studie des deutschen Fondsverbands BVI zeigt, dass ein erheblicher Mangel an Investitionen in Bereichen wie Infrastruktur und Verteidigung besteht. Demnach benötigt Europa jährlich zwischen 750 und 800 Milliarden Euro, um sich auf digitale Transformation, Klimaneutralität und Sicherheitsfragen vorzubereiten. Fondsgesellschaften könnten hierbei eine wichtige Rolle spielen, indem sie Anlegerkapital in wirtschaftliche Aktivitäten lenken. Ein Hindernis ist jedoch der sogenannte „Manager Home Bias“, da viele Entscheider außerhalb der EU tätig sind.
In einer Zeit globaler Unsicherheiten wird klar, dass Europa dringend mehr Eigenverantwortung braucht, wenn es seine wirtschaftlichen Ziele erreichen will. Die Analyse verdeutlicht, dass etwa 62 Prozent der Fondsmanager, deren Produkte in Europa gehandelt werden, tatsächlich nicht im europäischen Wirtschaftsraum ansässig sind. Stattdessen sitzen sie in Ländern wie Großbritannien, den USA oder der Schweiz. Diese Dynamik führt dazu, dass beträchtliche Mengen an Anlagekapital außerhalb Europas fließen, statt lokal genutzt zu werden.
Laut Berechnungen könnte sich dies ändern, wenn jeder in der EU vertriebene Fonds auch einen Manager vor Ort hätte. Dies würde zwei bis drei Milliarden Euro zusätzlich in die europäische Wirtschaft leiten – insbesondere Länder wie Deutschland, Frankreich und die Niederlande würden davon profitieren. In bestimmten Anlageklassen, wie Private Equity, Infrastruktur und Risikokapital, wäre das Potenzial sogar noch größer.
Um dies zu erreichen, müssen europäische Finanzzentren attraktiver für internationale Talente werden. Dazu gehört die Anpassung von Regeln, insbesondere bei Steuern und Arbeitsbedingungen, sowie die Reduzierung bürokratischer Hürden. Auch die europäischen Fondsgesellschaften selbst sollten mehr Ressourcen in den Bereich Fondsmanagement stecken, um unabhängig von ausländischer Konkurrenz zu werden.
Von entscheidender Bedeutung ist dabei, dass die EU nicht nur als rechtlicher Sitz dient, sondern dass Fondsmanager auch physisch in der Region präsent sind. Dies würde Know-how und Netzwerke stärken, die für die Transformation der Union essenziell sind.
Vom Standpunkt eines Journalisten aus betrachtet, zeigt diese Studie, dass Europa eine klare Strategie braucht, um globale Kapitalflüsse nachhaltig zu beeinflussen. Es geht nicht nur darum, Investitionen anzulocken, sondern auch sicherzustellen, dass sie dort verwendet werden, wo sie am meisten benötigt werden. Die Politik hat hier eine große Verantwortung, Rahmenbedingungen zu schaffen, die sowohl für internationale als auch lokale Akteure attraktiv sind. Nur so kann Europa seine volle wirtschaftliche Potenzial entfalten.